Reflexionen (Dachau)
Reflexionen (Dachau)
Diese Arbeit entstand zur Gedenkstätte in Dachau. Sie setzt sich mit dem damaligen wie auch gegenwärtigen Phänomen des „Sehens / Nicht Gesehen-Habens“ exemplarisch an dem ehemaligen Konzentrationslager und jetzigen Gedenkstätte in Dachau auseinander, das direkt neben dem Ort Dachau und ca. 20 km von München entfernt errichtet wurde. Trotzdem wurde das ehemalige Konzentrationslager von der Bevölkerung angeblich als solches nicht erkannt und auch heute noch häufig in dem Ausmaß seines Schreckens abgewertet.
Im Laufe eines Jahres besuchte ich die Gedenkstätte in Dachau mehrere Male und hielt meine subjektiven Eindrücke vor Ort fotografisch fest. Ich sah die Gedenkstätte leer und kalt im Winter, ich sah sie voll mit Touristen beim Picknick im Sommer, die den Besuch einer Gedenkstätte in ihrem München Programm absolvierten. Die Frage tauchte auf, was eine Gedenkstätte in dieser sauber rekonstruierten Anlage wie die in Dachau zu leisten vermag, wie die Geschichte des Holocausts überhaupt in einer Gedenkstätte bearbeitet werden kann, wie man und wie ich selbst mit dieser Geschichte umgehen kann. Diese Fragestellungen habe ich versucht in der Arbeit „Reflexionen“ zu thematisieren:
Die Edelstahlplatte mit einer willkürlich ausgewählten Abbildung der Gedenkstätte ist in einer Art Glasschrank aufbewahrt. Dieser Schrank kann geöffnet werden, bleibt in der Ausstellung jedoch geschlossen, sodaß die Edelstahl-Fotoplatte wie ein museales Fundstück in einer Art Vitrine unberührbar, distanziert steht. Ähnlich wie meinem Eindruck nach die Gedenkstätte in Dachau durch seinen musealen Charakter Distanz und Befremden auslöst.
Als Zeichen meiner Fremdheit bei meinen Besuchen der Gedenkstätte habe ich, wie bei der Arbeit „Bildlager“, die Negativvergrößerung verwendet, die den eher realen Charakter einer Fotografie auflöst. Das vergangene Geschehen des Holocausts ist heute an diesen Plätzen oft schwer nachvollziehbar geworden. In der Gedenkstätte in Dachau ist der Zugang zur Geschichte des Ortes durch die Sauberkeit und Gepflegtheit der rekonstruierten Anlage erschwert.
In der spiegelnden Edelstahlplatte sieht sich der Betrachter des Fotos immer auch selbst zusammen mit einer Abbildung der Gedenkstätte.
Details
- Jahr: 1992/93
- Material: 12 Teile, Edelstahl, Fotografie, Plastilin, Eisen, Glas, Holz, Farbe, Durchmesser: ca: 700 cm, je Teil: 174 x 68 x 22 cm
- Ort: Kunstmuseum Bonn; Städtische Kunsthalle Lothringerstaße, München; Office de la Culture de Sélestat, Frankreich